Netzschkau. Christa Trommer hatte Freunde, Bekannte, Weggefährten in die Kuhbergbaude eingeladen. In der Mail dazu stand: „Seit 30 Jahren bin ich beim Fremdenverkehrsverein“. Gefeiert wurde jedoch gleich doppelt, denn die Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins Nördliches Vogtland wurde 80 Jahre alt – ein Alter, das man ihr weder ansieht und schon gar nicht anmerkt, denn sie versprüht auch nach 30 Jahren Kampf gegen Windmühlenflügel noch eine ungeheure Energie.
„Man muss immer positiv denken. In späteren Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass es immer einen Ausweg und es geht irgendwie weiter“, sagt sie. Und dass sie erst einmal alles überschläft, wenn sie sich maßlos geärgert hat. Manchmal auch zwei- oder dreimal.
Aufregende Momente und wenig Hoffnung
Ihr aufregendstes Abenteuer in Sachen Brücke war gleich 1994, als der MDR anrief und für die Sendung „Unterwegs“ eineWoche drehen wollte. Die kompletten Unterlagen, fast alles handschriftlich, dazu Fotos und Zeitungsartikel, hat sie noch.„Das hat mir so viel gegeben und Wissenszuwachs gebracht“, sagt sie. Ein Riesendurchbruch war der Bau des Parkplatzes1, dem viele Jahre Diskussion vorausgingen. „Die Hoffnung, dass etwas schnell vorwärtsgeht, habe ich nicht mehr“, gestehtsie, wenngleich sie die Aktivitäten des Fördervereins unterstützt. In dieses Rohr blies Reichenbachs OB Henry Ruß (DieLinke), der an bisher fehlende Genehmigungen für die Fußgängerbrücke erinnerte.
Die ersten Gratulanten waren Netzschkauer Musiker, die am Kuhberg ein Ständchen spielten. Dann ging es Schlag auf Schlag. Die Bürgermeister der im Verein vertretenen Gemeinden, Vereinsmitglieder, „die Witwen aus Foschenroda“, die sich in ihrem Heimatdorf gern in geselliger Runde treffen, die Montags-Bockwurscht -und jetzt Mittwochsturner, zu denen sie sich nach der Wende gesellte… Die Gabentische füllten sich zusehends. Als Regina Müller zum Vortrag ansetzte mit den Worten: „Nach uralter Sitte und gutem Brauch …“, wusste Christa Trommer sofort, dass der Weihespruch der Brückeumgedichtet wurde. „Schaut an, schaut an, welch großes Glück, uns‘re Christa, die Mutter der Göltzschtalbrück‘“, setzte sie fort.
Vogtländisches Original und Brückenstein
„Der scheenste Staa der Ziegelbrück, genau wie Du, ein tolles Stück“, begann Angelika Riechert ihre Rede. Ihre Firma kümmert sich um die Website des Fremdenverkehrsvereins. Zum Geburtstag hatte sie einen originalen Ziegel mitgebracht– für das vogtländische Original, das nur in Sachen Bekanntheit noch ein wenig hinter der Neideitl herhinkt. „Wir hatten 50 Ziegel von den Reparaturarbeiten, von denen sind nur noch zwei übrig“, freute sich die Jubilarin über das Geschenk.
„Die Christa möge solange wie möglich gesund und fit bleiben. Wenn sie als Lokführer nicht vorn stehen würde, wüsste der Zug nicht, wohin er fährt“, sagte Netzschkaus Bürgermeister Mike Purfürst (Gewerbeverein). Er lobte, dass sie sich auch mit modernen Medien auseinandersetzt. Relativ neu in der Szene ist Axel Markert, seit zwei Jahren Bürgermeister (SPD) in Elsterberg. „Sie ist eine herzensgute Frau, die etwas bewegt“, sagte er.
Herzlich begrüßt wurde Hannes Reinhold, jüngstes Mitglied im Verein. Auf ihren „Goldjungen“ setzt Christa Trommer große Hoffnung, wenn ihre Kräfte irgendwann schwinden. „Christa ist beeindruckend. Die ganze Zeit hat sie sich für eine Sache eingesetzt und bringt ihre Ideen ein, aber man kann auch eigene Ideen umsetzen“, sagt der Azubi. Sie stellte sich schon immer an die Spitze und wurde aktiv. „Ich bin mit ihrem Sohn in eine Klasse gegangen. Sie war unsere Elternaktivvorsitzende und hat alles für uns gemacht!“, sagte Susann Schmiedl, bevor sie sich in die Gratulantenschar einreihte.
Bahnerfahrung hilft an der Brücke
Zwischendurch wurden alte Geschichten aufgewärmt. Christa Trommer erzählte, wie sie bei der Bahn lernte, im Führerstandeiner Dampflok von Jocketa über beide Ziegelbrücken nach Hause fuhr. Oder wie sie am Unteren Bahnhof in Reichenbach die Rollbock abfertigte. Auch das sind Geschichten, die unbedingt erhalten bleiben sollten. (pstp)
Von Petra Steps
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